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19.01.2024

Taub und trotzdem hören – 40 Jahre CI-Therapie in Deutschland

Hörregion Hannover gibt Auftakt zum Jubiläumsjahr der Cochlea-Implantat-Versorgung in Deutschland

<Hannover, 18. Januar 2024> Taub sein und trotzdem hören können? – Was für viele immer noch unglaublich klingt, ist längst Realität: Durch das Cochlea- Implantat (CI), eine Innenohrprothese, können gehörlos geborene Kinder in der Welt des Hörens und der Lautsprache aufwachsen sowie ertaubte Menschen jeden Alters in diese Welt zurückkehren. Der Siegeszug des Cochlea-Implantats durch Deutschland und Europa begann vor genau 40 Jahren in Hannover. Zum Auftakt des Jubiläumsjahres informierten heute im Rahmen einer Presseveranstaltung namhafte Vertreter aus Medizin und Technologie über Anfänge und Perspektiven der CI-Therapie. Träger von Nucleus Cochlea- Implantaten gaben Einblick in ihr Leben mit der Hörprothese, mit der heute allein in Deutschland über 55.000 Menschen leben. Zu den Ehrengästen der Veranstaltung zählt auch Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen.

1984 versorgte der Hör-Pionier Professor Ernst Lehnhardt (1924 – 2011) an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) erstmals vier Patienten mit einem Nucleus Cochlea-Implantat von Cochlear. Bald darauf begann er mit der CI-Versorgung gehörloser Kinder. Das Cochlea-Implantat hatte das Stadium der experimentellen Medizin verlassen und es begann die Etablierung jener bahnbrechenden Therapie, die mittlerweile seit Jahrzehnten in erfahrenen Kliniken als Routine-Eingriff gilt. Allein in Deutschland leben heute mehr als 55.000 Kinder und Erwachsene mit der Innenohrprothese; Experten gehen davon aus, dass hierzulande bis zu einer Million schwerhörige Menschen vom CI profitieren könnten.

Prof. Prof. h.c. Dr. med. Thomas Lenarz: „Damals wurden Benchmarks gesetzt, die wir kontinuierlich weiterentwickeln.“

Den Auftakt zum Jubiläumsjahr gab eine Presseveranstaltung im Cochlear Experience Center in Hannover, die den geladenen Medienvertretern Einblick in die Anfangsjahre sowie in die zukünftige Entwicklung der CI-Therapie bot. Prof. Prof. h.c. Dr. med. Thomas Lenarz, Direktor der HNO-Klinik und des Deutschen HörZentrums der Medizinischen Hochschule Hannover, informierte in einem Impulsvortrag über 40 Jahre Cochlea-Implantat-Technologie in Deutschland.

„Ob bei der CI-Indikation oder bei Therapie und Nachsorge – hier in Hannover wurden ab Mitte der 1980-er Jahre Benchmarks gesetzt, die wir in den folgenden Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelt haben“, so der international renommierte CI-Spezialist, der die Leitung der HNO-Klinik der MHH 1993 von Ernst Lehnhardt übernommen hatte. „Entscheidend für die Etablierung der CI-Versorgung war von Beginn an das interdisziplinäre Zusammenspiel in unserer Klinik. Medizin und Technologie, Audiologen und Pädagogen arbeiten seit damals Hand in Hand, um die optimale Versorgung einer stetig steigenden Zahl an Patienten sicherzustellen und die Versorgungsqualität weiter zu erhöhen.“

Ingenieur und Spitzensportler Alexander Bley: „Ich bin sehr froh, dass ich dank der CI-Therapie hören kann.“

Ingenieur und Spitzensportler Alexander Bley, der 1991 im Alter von 13 Monaten als weltweit jüngstes Kind ein Cochlea-Implantat erhielt, berichtete von seinem Weg mit der Innenohrprothese: „Ein Leben ohne das Cochlea-Implantat kann ich mir kaum vorstellen. Meine Eltern hatten damals ein Kind, das plötzlich gehörlos war. Sie wussten nicht, was das bedeutet, und ob man jemals wieder normal leben kann. Und sie entschieden sich für die CI-Therapie, obwohl es noch keinerlei Erfahrung mit der Versorgung eines so kleinen Kindes gab. Ich bin meinen Eltern heute sehr dankbar für diese mutige Entscheidung. Ich bin sehr froh, dass ich hören kann. Viele andere Eltern gehörloser Kinder sind in der gleichen Situation wie meine Eltern damals. Ich will ihnen und allen Menschen zeigen, dass es sich lohnt, ein Cochlea-Implantat sowie die nötige Förderung zu erhalten.“

Sebastian Salomon, Sales Director von Cochlear Deutschland, bot Einblick in Forschung und Entwicklung des Weltmarktführers für Hörimplantate, dessen bahnbrechende Medizinprodukte Mitte der 1980-er Jahre den Beginn der CI-Therapie ermöglichten. Und Janine Dersch, Market Access Manager und Mitglied im Kuratorium der Hörregion, würdigte das Engagement der Politik für das wichtige Thema Hörrehabilitation am Standort. Ebenso wie die MHH ist auch Cochlear langjähriger und engagierter Partner der Hörregion Hannover.

„40 Jahre CI-Therapie sind ein guter Grund, um die herausragenden Leistungen der damaligen CI-Pioniere sowie die gemeinsame, einzigartige Erfolgsgeschichte des Versorgungs- und Forschungsstandorts Hannover zu würdigen“, so Sebastian Salomon. „Zugleich ist das Jubiläum willkommener Anlass, um einmal mehr aufzuklären: Das Cochlea-Implantat verhilft Menschen seit vier Jahrzehnten zu deutlich mehr Lebensqualität. Dennoch bestehen nach wie vor große Wissenslücken. Sehr viele Betroffene, die erheblich vom CI profitieren könnten, finden nicht bzw. viel zu spät Zugang zur Therapie. Hier Barrieren abzubauen, ist eine wichtige Aufgabe, die wir nur gemeinsam meistern können. Da sind alle an der Hörversorgung beteiligten Berufe und Institutionen gefordert, ebenso die Interessenvertretungen der Patienten sowie Politik und Gesellschaft.“

Ministerpräsident Stephan Weil: „Gemeinsam dafür sorgen, dass jeder schwerhörige Mensch Zugang zu optimaler Hörversorgung erhält.“

Zu den Ehrengästen der Veranstaltung zählten auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und Nils Meyer, Projektleiter der Hörregion Hannover.

„Es ist beeindruckend, welch enormes Plus an Kommunikation und Lebensqualität die CI-Therapie gehörlos geborenen Kindern sowie schwerhörigen Menschen jeden Alters eröffnen kann“, so Ministerpräsident Stephan Weil. „Mit dem CI wurde es erstmals möglich, einen menschlichen Sinn mit moderner Medizintechnik nachzubilden. Hannover war der Ausgangspunkt dieser einzigartigen Erfolgsgeschichte für Deutschland und ganz Europa. Akteure unserer Hörregion prägten und prägen die weltweite Forschung und die Entwicklung der CI-Therapie maßgeblich. Das alles erfüllt uns mit Stolz und ist zugleich Verpflichtung. Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass jeder schwerhörige Mensch die für ihn optimale Hörversorgung erhalten kann.“